Meine Geschichte

Das Mönchsein ist eine bewusste Entscheidung.
Quelle: schwaebische.de, Viktor Turad, 10.09.2020

„Wer aber im klösterlichen Leben fortschreitet, dem wird das Herz weit, und er läuft in unsagbarem Glück der Liebe den Weg der Gebote Gottes.“

Regel des hl. Benedikt, Prolog 49

10. September 2020
Ein jung
er Mann will Mönch werden: Im Benediktinerkloster Neresheim hat Florian Maucher ein neues Leben gefunden, das ihm zusagt. „Ich führe hier ein freieres Leben als draußen“, sagt Florian Maucher.
Er lebt seit 2017 in der Gemeinschaft der Benediktinermönche und trägt seither den Ordensnamen Bruder Matthias. „Im Kloster“, sagt er, „folgt er einem anderen Lebensmodell“.

Seinen Tagesablauf und den seiner Mitbrüder präge das Gebet zu festen Zeiten, dem alles andere untergeordnet sei. Darüber hinaus habe jeder seinen eigenen Aufgabenbereich. Bruder Matthias absolviert eine Buchhändlerlehre in Münsterschwarzach bei Würzburg. Wenn er 2022 die ewige Profess ablegt, also das Versprechen, auf Lebenszeit Benediktinermönch zu bleiben, wird die Abtei auf dem Ulrichsberg für immer seine Heimat. Stabilitas loci, Beständigkeit des Ortes, lautet eine feste Regel seines Ordens.

Auch der Tagesablauf folgt festen Regeln: Um 5 Uhr morgens trifft sich der Konvent, also die Gemeinschaft der Mönche, zum ersten Gebet. Um 9 Uhr wird die heilige Messe gefeiert, um 12 Uhr wird das Mittagsgebet, um 18 Uhr das Abendlob und um 19.30 Uhr das Abendgebet gesprochen, ehe man zu Bett geht. Zwischen den Gebetszeiten erledigt jeder seine Arbeit. „Und dabei“, erzählt Bruder Matthias, „wird nicht gewertet, welche wichtiger oder weniger wichtig ist. Jede ist wichtig.“ Dies mache für ihn einen Teil seiner Freiheit aus.

Zu dieser Freiheit gehöre nicht nur, dass er sich weder um ein Dach über dem Kopf noch um das tägliche Brot sorgen müsse, sondern auch, dass er Zeit habe, sich mit Büchern zu beschäftigen. Mit Lesen vertreibt sich Bruder Matthias nicht nur die Zeit: es ist wie das Beten und das Arbeiten ganz im Sinne des Ordensgründers, des heiligen Benedikt.

Mit seiner zeitlichen Profess hat Bruder Matthias nach der Regel des Gründers ein klösterliches, also eheloses Leben in Armut und Gehorsam gegenüber seinem Oberen und all seinen Nachfolgern versprochen. Anders als es Außenstehende vielleicht annehmen könnten, funktioniere das aber nicht nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam. „Der Abt oder der Konventualprior ist kein Alleinherrscher“, sagt Bruder Matthias. „Er hat wenig Einfluss auf mein persönliches Leben.“ Wichtig sei, dass man sich gegenseitig gut kenne und miteinander im Dialog sei und bleibe. Dann wisse der Obere auch, was er seinem Mitbruder auftragen könne und was nicht. „Die allermeisten Entscheidungen werden ohnehin in Konferenzen diskutiert und im Konvent abgestimmt.“

Bruder Matthias jedenfalls hat die Lebensform gefunden, die ihm zusagt. Der Weg dorthin verlief aber nicht gerade. In Cannstatt geboren und in Ehningen im Kreis Böblingen aufgewachsen, machte er nach dem Realschulabschluss eine Lehre als Bankkaufmann. Seine Mutter ist evangelische Christin, der Vater Katholik. Der Glaube war ein Fixpunkt im Leben der Familie, erzählt der Mönch, aber es sei keine erzwungene Religiosität gewesen. „Ich bin regelmäßig in den Sonntagsgottesdienst gegangen, aber mein Vater hätte mich dort nie mit Druck hingeschleift.“

Nach der Erstkommunion wurde Florian, wie er damals noch hieß, Ministrant. Nach der Firmung engagierte er sich als Jugendleiter. Eineinhalb Jahre arbeitete er noch in seinem Beruf als Bankkaufmann. „In dieser Zeit war ich nicht mehr so religiös, das schlief etwas ein“, erzählt er. Aber er spürte auch, dass ihn sein Beruf nicht erfüllte. Zuletzt hatte er ein Jahr lang als Baufinanzierungsberater gearbeitet. „Ich wollte nicht mein ganzes Leben lang Verträge verkaufen.“ Das sei zwar ehrenwert und gehöre zur Gesellschaft dazu, aber er habe etwas anderes machen wollen.

Das Abitur nachholen zum Beispiel. Und so trat er in das Spätberufenenseminar in Wolfratshausen bei München ein. Dort besuchte er ein öffentliches Gymnasium in katholischer Trägerschaft und lebte mit anderen jungen Männern im Internat zusammen. Das Stundengebet und die Messe waren Bestandteil des Tagesablaufs. „Das Stundengebet, also das regelmäßige Beten über den Tag hinweg, der rhythmische, fixe, wiederkehrende Tagesablauf – das hat mich gekriegt“, erzählt er. Aber er habe auch gemerkt, dass es mit dem Abitur nichts wird. „Das Lernen war nicht so mein Ding“, räumt er lächelnd freimütig ein. Aber er habe auch gespürt, dass ihm Religiosität eben doch wichtig ist.

Nachdem das Stundengebet es ihm also angetan hatte und dies bei den Benediktinern gepflegt wird, suchte er ein Kloster in der Nähe seines Heimatorts Ehningen und wurde in Neresheim fündig. Auf dem Ulrichsberg machte er probeweise drei Wochen Urlaub im Kloster, lebte und betete zusammen mit der Mönchsgemeinschaft und fand Gefallen an ihrer Lebensform.

Der nächste Schritt war 2017 das halbjährige so genannte Postulat, bei dem es darum geht, sich gegenseitig näher kennenzulernen. Florian Maucher bekam auch einen Ordensnamen als Zeichen dafür, dass ein neues Leben mit Gott beginnt.. Er durfte drei Vorschläge machen und sie begründen.

Letzten Endes wurde es der Name des Apostels Matthias, der der Erzählung nach per Los ausgewählt wurde, Judas als Apostel zu ersetzen, nachdem dieser Jesus verraten hatte. Matthias war also wie Florian Maucher so etwas wie ein „Spätberufener“.

Das Noviziat schloss sich an. In diesem einen Jahr verließ Bruder Matthias das Kloster nur zu einer Art Fortbildung, wie man es im zivilen Leben beschreiben würde. Nachdem er sich nach wie vor sicher war, dass er die ihm gemäße Lebensform gefunden hat, bat er darum, die zeitliche Profess ablegen zu dürfen. In dieser Phase befindet er sich jetzt. Auch diese Phase dient dazu, sich seiner Entscheidung zu versichern. Er könnte sich aber bis zur sogenannten ewigen Profess entscheiden, das Leben im Kloster aufzugeben.

Begleitet und unterrichtet wird der Mönch von Konventualprior Pater Albert, mit dem er alles besprechen kann, was ihn bewegt. „Dass man auch immer wieder Zweifel hat, ist ganz normal“, räumt er ein. „Zweifel gehören dazu, denn sie können ein Anreiz sein. Die Frage ist, wie man mit ihnen umgeht.“

Ständig in Neresheim sein kann Bruder Matthias allerdings noch nicht, denn die Buchhändlerlehre kann er nur im Kloster Münsterschwarzach absolvieren. In Neresheim will er sich künftig um die Klosterbuchhandlung kümmern und sie bekannter machen. Außerdem soll sie ein niederschwelliges Angebot sein, mit Mönchen und dem Kloster in Kontakt zu kommen. Zumal zum Leidwesen des Konvents momentan coronabedingt keine öffentlichen Gottesdienste möglich sind.

Quelle: vgl. schwaebische.de, Viktor Turad, 10.09.2020 (redaktionell überarbeitet)

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